Die hessische Landesregierung plant im Haushalt für das nächste Jahr 100 neue Stellen für die Staatsanwaltschaften ein. 50 Stellen sollen für die Staatsanwälte zur Verfügung stehen. Die anderen 50 für den nachgeordneten staatsanwaltschaftlichen Bereich, beispielsweise die Geschäftsstellen. Sie sollen ab dem nächsten Jahr auf die neun hessischen Staatsanwaltschaften verteilt werden. Innerhalb der vergangenen zwei Jahre hat das Land damit insgesamt 147 neue Stellen für die Staatsanwaltschaften geschaffen. 97 davon rein für Staatsanwälte.
Justizminister Christian Heinz (CDU) reagiert damit auf die wiederholten Klagen der Staatsanwaltschaften über eine zu starke personelle Belastung. In der Justiz zeigen sich zwar einige auch stolz darauf, was die Behörden schaffen: Nicht nur die Zahl der neuen Ermittlungsverfahren, sondern auch die Zahl der abgeschlossenen Verfahren sind zuletzt gestiegen. Doch es wird auch signalisiert: Lange kann es so nicht mehr weitergehen.
Obwohl in den vergangenen Jahren mehr Stellen geschaffen wurden, ist die jahrelange Forderung nach mehr personeller Unterstützung der Staatsanwaltschaften zuletzt drängender geworden. Das liegt neben der steigenden Zahl der neu eingehenden Ermittlungsverfahren auch an deren zunehmenden Komplexität.
Der Richterbund Hessen spricht von „ausgebrannt“ und von einer Situation, die dem Rechtsstaatsprinzip nicht mehr gerecht werde. Erst im Frühjahr erreichte Justizminister Heinz ein Brandbrief, in dem die Leiter der hessischen Staatsanwaltschaften abermals auf ihre Lage aufmerksam machten und um Unterstützung baten.
Hohe Belastung hat Folgen
Die nun angekündigte Unterstützung wird wohl viele bei den Staatsanwaltschaften freuen, auch wenn ihre Forderung weit darüber hinausging. In dem Brandbrief an den Minister heißt es, die Staatsanwaltschaften bräuchten 177 neue Stellen, weitere 197 in den Geschäftsstellen. Das sind zwar deutlich mehr, doch der Tenor in der Justiz ist auch: Man freut sich über jede zusätzliche Stelle.
Denn die Belastung ist groß und die Folgen, die daraus resultieren, sind enorm: Qualitätsverlust, Rückstände und nicht zuletzt die gesundheitlichen Auswirkungen erfüllen die Staatsanwaltschaften mit zunehmender Sorge. Ebenso wie der Blick auf die Polizeiliche Kriminalstatistik, der erahnen lässt, was in der nächsten Zeit auf die Staatsanwaltschaften zukommt.
Seit mehreren Jahren steigt beispielsweise die Zahl der Verfahren wegen Kindesmissbrauchs oder Kinderpornographie und Hass-Postings an. Minister Heinz setzt zur Aufklärung dieser Fälle weiterhin auf die anlasslose Speicherung von IP-Adressen. Bei Straftaten, die über das Internet begangen werden oder bei denen Internetkommunikation eine Rolle gespielt hat, ist die IP-Adresse essenziell für die Identifizierung eines Tatverdächtigen. Bisher gibt es keine gesetzliche Regelung für die Speicherung von IP-Adressen. Mit einem Gesetzentwurf will Hessen das ändern und eine gesetzliche Speicherdauer von einem Monat erreichen. Der Bundesrat hat diesem Entwurf Ende September zugestimmt und ihn an den Bundestag überwiesen.
Verfahren wegen häuslicher Gewalt beschäftigen die Ermittler ebenfalls immer mehr. Auch hier erhofft sich Heinz Entlastung durch eine hessische Gesetzesinitiative, wonach die elektronische Fußfessel nach dem spanischen Modell in das Gewaltschutzgesetz aufgenommen werden soll.
Bei beiden Vorhaben waren bis vor kurzem die größte Hürde die FDP-Bundestagsfraktion sowie der Bundesjustizminister Marco Buschmann. Mit dem Aus der Ampel-Koalition ist nun unklar, wie es weitergehen wird. Mit einer Entscheidung noch in dieser Legislaturperiode wird aber nicht mehr gerechnet.