Südkoreas Finanzinstitutionen haben am Mittwoch versucht, mit viel Geld und großen Ankündigungen die Märkte zu beruhigen. „Wir werden unendlich viel Liquidität in Aktien, Anleihen, den Geldmarkt und die Devisenmärkte stecken, bis sich die Märkte normalisiert haben“, hieß es am Morgen vom Finanzministerium in Seoul, nachdem sich der Minister Choi Sang-mok und der Notenbankpräsident Rhee Chang-yong noch in der Nacht zu einer Krisensitzung getroffen hatten.
Präsident Yoon Suk-yeol hatte zuvor in der Nacht zum Mittwoch überraschend das Kriegsrecht ausgerufen, diesen Schritt aber nach einigen Stunden wieder rückgängig gemacht, nachdem das Parlament einstimmig gegen die Verhängung des Kriegsrechts votiert hatte. Offenbar hatte Yoon sich mit dem Schritt in erster Linie mehr Durchsetzungskraft im Streit mit der Opposition sichern wollen. Doch die Finanzmärkte reagierten – sicher auch wegen der steten Gefahr einer Eskalation zwischen Süd- und Nordkorea – teils heftig auf die überraschenden Meldungen aus Seoul.
Aktien verlieren mehr als 10 Prozent
Die dortige Börse war während der politischen Turbulenzen geschlossen. Doch koreanische Aktien, die in Amerika und Europa gehandelt werden, verloren dort teilweise rasant an Wert. So sank der Kurs des südkoreanischen Elektronikriesen Samsung Electronics an der Londoner Börse innerhalb kurzer Zeit um 7 Prozent. Aktien der Hyundai Motor Company gaben rund 5 Prozent nach. Der Stahlkonzern verlor in der Nacht sogar teilweise mehr als 10 Prozent an Wert.
Der Koreanische Won gab zwischenzeitlich bis zu 2,7 Prozent gegenüber dem Dollar ab und sank auf das niedrigste Niveau seit zwei Jahren. Der auch bei deutschen Anlegern sehr beliebte ETF ishares MSCI South Korea verbilligte sich um 4,5 Prozent.
Als die Börse in Seoul dann am koreanischen Morgen wieder öffnete, erholten sich die meisten Werte wieder ein bisschen. Für den wichtigsten Leitindex des Landes, Kospi, stand bis zum Nachmittag ein Minus von 2,3 Prozent auf dem Zettel.
Stabilisierungsfonds mit 10 Billionen Won
Die Bank von Korea konkretisierte ihre Pläne zur Marktstabilisierung am Mittag, nachdem der geldpolitische Rat zu einer Sondersitzung zusammengetreten war. So wolle die Notenbank vor allem lokale Marktteilnehmer über sogenannte Repo-Geschäfte liquide halten, die schon am Mittwoch starten sollten. Die Vorgaben für die Absicherung solcher Geschäfte sollten vorübergehend gelockert werden. Die Finanzaufsichtsbehörde teilte mit, dass sie bereit sei, bis zu 10 Billionen Won (6,7 Milliarden Euro) aus einem Fonds für die Aktienmarktstabilisierung bereitzustellen.
Die Analysten großer Banken bemühten sich am Mittwoch um eine Einschätzung der unklaren Lage in Seoul. „Das Kriegsrecht selbst wurde zwar wieder aufgehoben, aber der Vorfall schafft mehr Unsicherheit in der politischen Landschaft und der Wirtschaft“, sagte die Korea-Ökonomin Min Joo Kang von der niederländischen Großbank ING. Das dürfte die Haltung von Investoren gegenüber Südkorea weiter eintrüben.
Auch Trump drückt Koreas Aktienkurse
Schon ohne den Überraschungs-Coup des Präsidenten zählen sowohl der koreanische Aktienmarkt als auch die Währung des Landes zu den schwächsten asiatischen Anlageklassen dieses Jahres. Vor allem die Sorge, dass der neue US-Präsident mit neuen Strafzöllen auch große koreanische Konzerne wie Hyundai oder Samsung hart treffen könnte, sowie die zunehmenden Spannungen mit Nordkorea, lasten auf den Kursen.
„Die Situation ist weiterhin dynamisch und entwickelt sich noch und die Märkte könnten weiterhin eine hohe Volatilität sehen, da das bisherige Kabinett durchgeschüttelt werden dürfte und ein Amtsenthebungsverfahren geprüft werden dürfte“, kommentierte David Chao von der Anlagegesellschaft Invesco. Dennoch erwarte er keine nachhaltigen Effekte für die Wirtschaft und die Finanzmärkte des Landes.