Uroš Velepec ist eigentlich keiner, dem schnell die gute Laune vergeht. Der Slowene, seit April 2022 für den Deutschen Ski-Verband (DSV) als Bundestrainer der Biathlon-Herren tätig, erlaubt sich gerne mal ein Späßchen und hat meist ein verschmitztes Lächeln auf den Lippen. Das war am Dienstagabend so schnell verflogen wie die Geschosse seiner Schützlinge an den Zielscheiben vorbei gezischt waren.
Der Ärger war dem 57-Jährigen nach dem Einzel-Rennen im finnischen Kontiolahti anzumerken, als er sprach: „Ich kann nicht sagen, dass das der schlechteste Tag in meiner Trainer-Karriere ist, ich hatte schon schlechtere. Aber es war sehr schade, dass keiner der sechs in der Lage war, zu schießen.“
Keine Orientierung
Kein deutscher Starter in den Top-20, keiner mit weniger als drei Schießfehlern – dieses erste Einzel-Rennen der neuen Weltcup-Saison hatten sie sich beim DSV anders vorgestellt. Zumal der Auftakt im vergangenen Jahr gegenteilig verlaufen war: Roman Rees hatte das erste Einzel in Östersund vor Justus Strelow gewonnen. Ebenjener Justus Strelow mauserte sich im Laufe des Winters zum besten Schützen des gesamten Feldes – liegend oder stehend, der Sachse traf die Scheiben nach Belieben.
Und wurde nun in Kontiolahti mit sechs Fehlern 81. von 103 Startern. Der 27-Jährige schoss zu Beginn dreimal daneben. Die Orientierung habe ihm „völlig gefehlt“, es sei „ein gebrauchter Tag“ gewesen, sagte er später im TV-Interview. Sein Trainer fand deutliche Worte: „Wenn das Schießen nicht funktioniert, hast du ein Problem“, sagte Uroš Velepec. Und musste zugeben: „Im Vergleich zu Norwegen und Frankreich waren wir nicht wettbewerbsfähig.“
Dass auch die Laufform der Deutschen nicht stimmte, habe ihn ebenso überrascht, denn das letzte Trainingslager vor dem Saisonstart sei gut verlaufen und seine Athleten in Form gewesen. Der Trainer vermutet, dass „die Jungs“ nach dem finalen Camp zu Hause noch zu hart trainiert hätten. Darauf lassen auch Johannes Kühns Aussagen schließen. Der Bayer scheiterte am letzten Stehendschießen, traf nur zwei von fünf Scheiben. „Mir haben die Beine wehgetan“, sagte er, „ich war muskulär ziemlich am Limit und hatte Probleme, anständig zu stehen.“
Umso wichtiger sei nun, betonte Velepec, dass sich seine Athleten ausruhten, denn am Freitag (16.20 Uhr in der ARD und bei Eurosport) steht bereits der Sprint über zehn Kilometer an. Favorisiert sind auch dort die norwegischen Biathleten. Sie machten den Sieg im Einzel, wie so oft in der Vorsaison, unter sich aus. Lediglich der Name, der ganz oben aufleuchtete, überraschte: Endre Strömsheim gewann sein erstes Einzel im Weltcup – mit drei Sekunden Vorsprung zum dominierenden Biathleten der vergangenen Jahre, Johannes Thingnes Bö, und dem dritten Norweger im Bunde, Sturla Holm Lagreid.