Ein paar Tage vor dem großen Spiel gegen die deutsche Fußball-Übergröße Bayern München schenkte Lee Jae-sung den Fans des 1. FSV Mainz 05 ein: Der südkoreanische Fußballprofi der Rheinhessen half wie einige seiner Kollegen für den guten Zweck mit beim Mainzer Weihnachtsmarkt am Glühweinstand.
Dort versendete einer der Publikumslieblinge der Mainzer Fans eine frohe Botschaft vor dem Bundesligaspiel des Jahres gegen den Tabellenführer. „Wir müssen alles geben, mutig nach vorne sein und zusammen verteidigen, dann können wir gewinnen.“ Der 32 Jahre alte offensive Mittelfeldspieler, alles andere als ein Lautsprecher auf der großen Fußballbühne, hatte das prophezeit, was am Samstagnachmittag wahr wurde.
Die Mainzer bedienten sich der in den Tagen davor gemeinsam entwickelten Rezeptur für einen vollen Erfolg über den Ligaprimus und deutschen Rekordmeister und feierten 45 Tage nach der 0:4-Heimniederlage in der zweiten Runde des DFB-Pokalwettbewerbs am selben Ort einen großen, hart erarbeiteten, verdienten 2:1-Erfolg über die Bayern.
Verblüffende Kaltschnäuzigkeit
Hauptdarsteller bei der vorweihnachtlichen Fußballbescherung war eben jener Lee Jae-sung, der nach dem frühen Ausfall des am linken Oberschenkel verletzten besten Torschützen Jonathan Burkardt (zehn Saisontreffer) nicht nur da war, wo die Post für die Mainzer abging, nämlich im zentralen Mittelfeld, wo er als Umschaltspieler par excellence dem Spiel seiner Mannschaft den entscheidenden Vorwärtsdrall auf dem Weg nach vorn mitgab.
Lee war auch da zur Stelle, wo die Entscheidungen reifen: im gegnerischen Strafraum. Als zweifacher Torschütze (41./60. Minute) und Mann des Tages. Lee, 2021 vom damaligen Zweitligaklub Holstein Kiel zu den Mainzern gekommen und dort bis einschließlich 30. Juni 2026 unter Vertrag, ist in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt heimisch geworden und längst einer der beliebtesten Protagonisten seiner Mannschaft.
Den nach den vielen Pflichtspielen in Deutschland und Europa erkennbar müden und personell ob vieler verletzter Stammkräfte geschwächten Bayern raubte der vierundneunzigmalige Nationalspieler seines Landes den Nerv mit seiner Kaltblütigkeit im Abschluss nach punktgenauen Vorlagen des vom FC Bayern an die Mainzer ausgeliehenen Armindo Sieb. Sieb spielte am Samstag eine von Lees Paraderollen als Torassistent, während Lee neben seinen sonstigen Aufgaben Burkardts Part als Vollstrecker mit einer verblüffenden Kaltschnäuzigkeit im Abschluss übernahm.
Der Mann, der noch nie große Töne in eigener Sache gespuckt hat, erfüllte den Wunsch von Trainer Bo Henriksen an sein Team: tatendurstig zur Stelle zu sein, wenn es galt gegen die Bayern. Er, der nach dreizehn Minuten mit einem feinen Anspiel auf Burkardt dem Mittelstürmer freie Bahn verschafft und zu einem Sturmlauf animiert hatte, an dessen Ende er den Ball neben den linken Pfosten setzte und dazu verletzt zu Boden ging.
„Ich habe versucht, die Ruhe zu bewahren“
Umso beachtlicher war danach, mit welcher Selbstverständlichkeit der zweitbeste Torschütze der Mainzer (fünf Tore) als Hybridspieler zwischen Spielmacher und Spielentscheider die Bayern verunsicherte. „Gegen Bayern München zwei Tore zu erzielen, ist definitiv nicht leicht“, sagte der Südkoreaner am Ende seines bisher größten Fußballtages in Mainz, „ich habe versucht, die Ruhe zu bewahren. Natürlich gehört auch immer ein bisschen Glück dazu, aber die Vorlagen waren super. Die beiden Treffer sind nicht mein alleiniger Verdienst, wir haben eine gute Leistung im Kollektiv gezeigt.“
Asiatische Höflichkeit? Was Lee sagte, traf den Kern bei der Ursachenforschung nach dem Mainzer Erfolg. Die Rheinhessen bestätigten mit ihrer aggressiven, physisch wuchtigen Art im Spiel gegen den Ball und ihrem erst im Laufe dieser Saison eroberten Selbstbewusstsein im zielführenden Umgang mit dem Ball, warum sie inzwischen zu einer Art Angstgegner der Bayern geworden sind. Nach den drei Bundesligasiegen über die Münchner jeweils im April 2021, 2022 und 2023 zwangen sie an diesem kalten Dezembersamstag den Klassenprimus ohne die verletzten Neuer, Davies, Palhinha, Coman, Gnabry und Kane abermals in die Knie.
It spoke for the sporting attitude of the loser that Bayern suffered their first league defeat after being eliminated from the cup competition (0-1 against champions Leverkusen) and the two Champions League disappointments, the 0-1 at Aston Villa and the 1-4 defeat. Clap at FC Barcelona took sport. Sports director Max Eberl didn’t beat around the bush when he said: “In the end you have to say that Mainz deserved it. They were more poisonous and more grippy in the duels. We rarely had control in the game and allowed the Mainz game to be imposed on us.”
Coach Vincent Kompany also congratulated the winner. “We played against a lively team with a lot of spirit. They were ready to fight at any moment. Today we weren’t at our best level.” Leroy Sané’s goal to make it 1-2 (87th) didn’t change anything. Thomas Müller, this time captain of the Munich team, also certified that the Mainz team had a “good game, they involved us in things that they are good at: these second balls, small fouls and tackles again and again”.
In charge of this was the 05er Raumdeuter in the Mainz attack department: Lee Jae-sung. He opened the door for his team to have another big victory over the first team in the table, which, unlike in much of the first half of the league season, no longer seems untouchable. This was good news for the competition at the top of the Bundesliga. On their own behalf, Mainz 05 has also become one of the candidates for a place in the next Europa League season after the holiday against Bayern. However, there was no talk of that after the 2-1 win over Munich because the day’s success tasted sweeter than any other in the Bundesliga.