Die rund 12.000 Beschäftigten am einzigen Produktionsstandort des US-Elektrowagenherstellers Tesla in Europa erhalten vom 1. November an vier Prozent mehr Gehalt. Das gab die Geschäftsführung der Tesla-Fabrik im brandenburgischen Grünheide am Dienstag auf einer Mitarbeiterversammlung bekannt. Ebenfalls zum Monatsanfang hat das Unternehmen 500 Leiharbeiter vor den Toren Berlins in feste Arbeitsverhältnisse übernommen. „Für unsere Belegschaft sind das zwei besonders erfreuliche Nachrichten, zumal in Zeiten, in denen in vielen Betrieben der deutschen Automobilindustrie über Stellenabbau und Werksschließungen gesprochen wird“, sagte Personalchef Erik Demmler.
Für die Beschäftigten in der Produktion handele es sich schon um die zweite Gehaltsanpassung im laufenden Jahr, nachdem die Entgelte im Februar bezogen auf das Jahresentgelt pauschal um 2500 Euro angehoben wurden, teilte Tesla mit. „Bei uns geht keiner unter 40.000 Euro nach Hause, auch ein ungelernter Mitarbeiter in der Fertigung“, sagte Werkleiter André Thierig der F.A.Z. „Da sehen wir uns im Vergleich mit einem Tarifvertrag sehr gut aufgestellt.“
Tarifverhandlungen bei IG Metall gehen weiter
Die Gewerkschaft IG Metall sei zu keinem Zeitpunkt in die Entscheidungen über Gehaltsanpassungen involviert gewesen, betonte das Unternehmen. Auch zur Übernahme der Leiharbeiter habe es keine Gespräche mit der Gewerkschaft gegeben. Die IG Metall geht am Dienstag im Bezirk Berlin-Brandenburg in die dritte Runde der Tarifverhandlungen für die Metall- und Elektroindustrie und fordert auch für Beschäftigte in der Automobilindustrie sieben Prozent mehr Entgelt sowie eine Erhöhung der Ausbildungsvergütung.
Die Arbeitgeber schlagen bislang eine Entgelterhöhung um 1,7 Prozent zum 1. Juli 2025 und um 1,9 Prozent zum 1. Juli 2026 vor. Bei Tesla in Grünheide gibt es weiterhin keinen Tarifvertrag, nachdem die Gewerkschaft bei der Betriebsratswahl im Frühling die Mehrheit verpasste und den Vorsitz in dem Gremium einer als managementfreundlich eingestuften Liste überlassen musste. Geht es nach der Geschäftsführung, soll das so bleiben. „Wir brauchen diese Gleichmacherei nicht, wir wollen uns auch in Zukunft darauf konzentrieren, was gut für den Standort und gut für die Belegschaft ist“, sagte Thierig zu den Forderungen der IG Metall nach einem Tarifvertrag.
Kritik an Arbeitsbedingungen in Grünheide
Die Gewerkschaft hat erst vor wenigen Tagen ihre Kritik an den Arbeitsbedingungen in Grünheide erneuert. Laut einer Umfrage unter 1200 Beschäftigten der Fabrik fühlen sich mehr als vier Fünftel der Befragten überlastet, und neun von zehn wünschen sich eine zusätzliche bezahlte Pause. Die Arbeitsbedingungen seien auch der Grund für den hohen Krankenstand, der in den Sommermonaten zeitweise oberhalb von 15 Prozent lag. Die IG Metall habe die Umfrage nicht mit dem Betriebsrat abgesprochen und die Ergebnisse seien nicht repräsentativ für die Belegschaft, sagte Thierig.
Die krankheitsbedingten Abwesenheiten seien in den vergangenen Monaten außerdem spürbar zurückgegangen. „Wir sind noch nicht ganz da, wo wir sein wollen, wir liegen aber stabil unter zehn Prozent und deutlich unter den Werten, die wir im August gesehen haben“, sagte der Tesla-Manager. Der hohe Krankenstand habe nicht mit den schwierigen Arbeitsbedingungen bei Tesla, sondern mit den zu einfachen Bedingungen für eine Krankschreibung in Deutschland zu tun. „Ich denke, das ist definitiv ein Thema über das man diskutieren sollte, wenn man über Lohnkosten und Wirtschaftlichkeit am Standort Deutschland spricht“, sagte Thierig.
Im Sommer hatte Tesla mit unangekündigten Hausbesuchen bei krankgeschriebenen Mitarbeitern für Schlagzeilen gesorgt und die Kritik der Gewerkschaft auf sich gezogen. „Das waren Leute, die zwischen Januar und August im Schnitt weniger als 14 Tage in der Fabrik waren und die restliche Zeit mit Erstbescheinigungen in der Lohnfortzahlung geblieben sind“, sagte Thierig.