Am Mittwochnachmittag, als das große Ganze schon wankte, im Kleinen aber alles seinen gewohnten Gang ging, begab sich der Sportausschuss des Bundestags auf die Suche. Es ging um die fehlenden drei Prozent – jene drei Prozent, die den Unterschied ausmachen zwischen einer Nation, die bei Olympischen Spielen unter den besten acht zu Hause ist oder aber ihren Platz auf dem Treppchen hat.
So jedenfalls fiel die Analyse des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) aus, wonach die deutschen Athleten in Paris zwar respektable 117 Platzierungen unter den besten acht erreichten, davon aber eben nur 27 Prozent unter den Top Drei. Weil andere da 50 oder gar 60 Prozent erreichten, musste Olaf Tabor, der Vorstand Leistungssport beim DOSB, festhalten: „An vielen Stellen lassen wir Potential liegen.“
Man könnte nun über den Sinn des Medaillenzählens streiten. Es hat im politischen Diskurs manchmal schon fast etwas unfreiwillig Komisches, wie davon gesprochen wird, nicht nur auf die Zahlen zu starren, am Ende dann aber doch genau das zu tun, weil es nun mal das einfachste (simpelste) Maß ist. Worüber sich aber nicht streiten lässt: dass der Sinn von Leistungssportförderung darin besteht, aus den zur Verfügung stehenden Mitteln das Bestmögliche herauszuholen.
Politische Vorhaben mit Sportbezug liegen auf Eis
Als es am Mittwoch um Antworten auf die Dreiprozentfrage ging, darum, wie dieses Potential gehoben, der Lückenschluss zur sogenannten absoluten Weltspitze geschafft werden soll, waren die Begriffe Sportfördergesetz und Sportagentur schnell zur Hand, jedenfalls vonseiten der Regierungsparteien, des DOSB, aber auch der geladenen Athleten. Kein Wunder. Es ist das zentrale sportpolitische Projekt der Ampel – gewesen, wie man nun wohl sagen muss.
Denn das, was Politik und Sport über viele Jahre in zähem Ringen erarbeitet haben und just am Mittwoch noch vom Kabinett abgesegnet wurde, wird unter dieser Regierung, egal wie lange sie noch im Amt sein wird, nicht mehr verabschiedet werden.
Das Ende der Koalition ist also auch ein Ende mit Schrecken aus Sicht des deutschen Sports? Es ist zumindest schmerzhaft, dass die große Reform fürs Erste ausgebremst ist, mal wieder. Es ist zudem, wie für alle anderen, misslich, dass die politische Puste nicht gereicht hat, den Haushalt über die Ziellinie zu bringen, der dem Sport für 2025 ein Plus von 50 Millionen Euro gebracht hätte. Und auch andere Vorhaben mit Sportbezug liegen auf Eis, das SED-Unrechtsbereinigungsgesetz etwa und die davon zutiefst berührte Rolle der Dopingopfer.
Drei Prozent mehr wären lange nicht genug
Wenn es aber darum geht, die Sportnation wieder auf Vordermann zu bringen, liegt der größte Hebel nicht in den Händen der (Ampel-) Politiker. Die haben zwar zuletzt im Sinne des Sports eingegriffen, mit ihrem Bekenntnis zu Olympischen Spielen und einer Finanzierungszusage für die Bewerbung. Dass das Engagement einer anderen Regierung dafür geringer wäre, steht gewiss nicht zu befürchten.
Natürlich gerät auch hier der Zeitplan durcheinander, das Internationale Olympische Komitee wird im nächsten Jahr nicht nur einen neuen Präsidenten (oder erstmals eine Präsidentin) wählen, sondern auch von einer neuen Regierung ein erneuertes Bekenntnis einfordern. Verlorene Zeit wäre es aber nur dann, wenn der deutsche Sport diese selbst nicht nutzt: um sich mit allem, was er hat, ins Zeug zu legen. Drei Prozent mehr wären da lange nicht genug.