Reden wir trotz unserer Rührseligkeit nicht lange drum herum: Rafael Nadal war ein Störenfried. Für Roger Federer und uns Fans, die sich vor zwanzig Jahren an dessen Schlägen und Erfolgen ergötzten und den Schweizer Maestro anhimmelten, erschien der spanische Teenager als Verderber des schönen Spiels.
Wie eine Naturgewalt kam dieser Bursche daher, mit Muskelshirt, Aggro-Gehabe und fiesesten Topspinschlägen, und machte unserem Meister das Tennisleben schwer und die Titel streitig. Wer den Schweizer verehrte, musste den Spanier verwünschen. Spätestens in Wimbledon 2008, nach der fürchterlichsten Niederlage für Federer und seine Fans. Nadal wurde zur Nemesis.
Am Ende ist alles verheilt und gut
Roger oder Rafa, das wurde zum Glaubensbekenntnis. Die Jahre waren für die eine Hälfte der Tenniswelt oft großartig, für die andere Hälfte meist ein Grauen. Zumindest so lange, bis ein neuer Störenfried auf dem Platz erschien und viele von uns gegen sich aufbrachte. Erst mit seiner Attitüde, dann mit seinen Erfolgen. Je mehr Novak Djokovic dominierte, desto stärker rückten die Roger/Rafa-Lager zusammen.
Zuzeiten der „großen Drei“ fingen wir an, in Nadal nicht nur den schrecklichen Widersacher zu sehen, sondern den netten, bescheidenen und zweiflerischen Jungen aus Mallorca. Ebenso erging es Federer. Der Spanier wirkte nun weniger wie ein wilder Krieger, sondern wie ein Kumpel mit Klasse.
Wegen seiner Schwächen wurde Nadal einer von uns. Umgekehrt wurden wir mit unseren Stärken aber keiner wie er. So endete unser Versuch, einem Kollegen die typische Nadal-Vorhand vorzumachen, in der Unfallambulanz. Beim steilen Ausschwingen des Schlägers glitten wir aus und hämmerten den Graphitrahmen gegen unser Stirnbein.
Blut schoss hervor, und unser Tennispartner wurde zum Krankentransporter und musste einen angeschlagenen Möchtegern-Nadal ins Klinikum bringen. Der Arzt schmunzelte, als er vom Unfallhergang erfuhr und die Platzwunde an der rechten Augenbraue nähte. Heute gilt uns die Narbe als Symbol: Rafa hat uns anfangs das Herz zerrissen. Aber am Ende ist alles verheilt und gut. Gracias, verehrter Störenfried.