Die Chefs der Staatskanzleien und Medienminister der Bundesländer lassen sich von der Verfassungsbeschwerde der öffentlichen-rechtlichen Sender nicht beirren und konterkarieren die Behauptung der Chefs von ARD und ZDF, sie hätten um der Wahrung von Recht und Gesetz willen gar nicht anders gekonnt, als vors Bundesverfassungsgericht zu ziehen. So hat sich die Rundfunkkommission der Länder nun auf ein neues Verfahren zur Festlegung des Rundfunkbeitrags geeinigt, das den politischen Streit, der sich an jeder Erhöhung des Rundfunkbeitrags entzündet, entschärfen soll. Die neue Formel lautet, wie von der F.A.Z. schon angedeutet: Widerspruchsmodell.
Die Widerspruchsmöglichkeit wird gestaffelt
Das bedeutet in der Hauptsache: Schlägt die Gebührenkommission KEF eine Anhebung des Beitrags um fünf Prozent oder weniger vor, wird diese umgesetzt, wenn aus den Bundesländern kein Widerspruch kommt. Dabei soll es, wie das Fachportal „dwdl“ berichtet, eine Staffelung geben: Liegt die Erhöhung zwischen null und zwei Prozent, müssen ihr drei Länder widersprechen; liegt sie zwischen zwei und 3,5 Prozent ist der Widerspruch von zwei Ländern nötig; empfiehlt die KEF eine Erhöhung des Beitrags um 3,5 bis fünf Prozent, reicht der Widerspruch eines Bundeslandes, um das bislang übliche Verfahren in Gang zu setzen, an dessen Ende die Zustimmung aller Landtage steht. Sieht die KEF eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags von mehr als fünf Prozent vor, greift automatisch das bisherige, sogenannte Staatsvertragsverfahren.
Bei der jetzt von der KEF empfohlenen Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 58 Cent pro Monat, von 18,36 auf 18,94 Euro, wäre, rechnet „dwdl“ vor, der Widerspruch von zwei Bundesländern nötig, um die automatische Erhöhung zu stoppen und das bisher übliche Verfahren in Gang zu setzen.
Damit setzt die Rundfunkkommission um, was die rheinland-pfälzische Staatssekretärin und Koordinatorin der Rundfunkkommission, Heike Raab (SPD), der F.A.Z. gegenüber in Aussicht gestellt hatte und nun bei „dwdl“ bestätigt hat. Bei diesem Modell bleibt die Empfehlung der Gebührenkommission KEF unangetastet, eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags soll leichter gelingen, doch soll der Einfluss der Landesregierungen und insbesondere der Länderparlamente nicht ausradiert werden. Die Landesparlamentarier können dem Rundfunkbeitrag, beziehungsweise dem „Finanzierungsstaatsvertrag“, in dem dieser festgeschrieben wird, bislang nur in Gänze zustimmen oder ihn ablehnen, wobei sie gehalten sind, zuzustimmen.
Kommt dieses Verfahren zum Stocken, wie gerade jetzt und wie auch bei der letzten Beitragerhöhung, ziehen die öffentlich-rechtlichen Anstalten vors Bundesverfassungsgericht, das den neuen Beitrag dann – wie beim letzten Mal – per Urteil durchsetzt.
ARD und ZDF wollen torpedieren
Die Entscheidung von ARD und ZDF, am vergangenen Dienstag – einen Tag, bevor das Treffen der Rundfunkkommission begann -, Verfassungsbeschwerde einzureichen, hat bei den Ländern indes parteiübergreifend für Unmut gesorgt. Für eine solche Klage sei es zu früh, sagte der Chef der Staatskanzlei von Sachsen-Anhalt, Rainer Robra (CDU), man habe mit den Öffentlich-Rechtlichen gerade über ein mögliches neues Beitragsmodell sprechen wollen. Dem einen oder anderen Medienminister und Staatskanzleichef, wie Florian Herrmann (CSU) aus München, schien die Lust vergangen zu sein, an einem neuen Beitragsverfahren weiterzuarbeiten. Nicht wenige Fachpolitiker der Länder sehen in der Verfassungsbeschwerde von ARD und ZDf den Versuch, die geplante Rundfunkreform komplett zu torpedieren.
Mit der Reform und mit dem Vorschlag, den Rundfunkbeitrag künftig mit dem hier geschilderten „Widerspruchsmodell“ auf den Weg zu bringen, befassen sich die Ministerpräsidenten bei ihrem nächsten Treffen am 12. Dezember. Dann könnte die Reform und dann könnte das neue Beitragsmodell beschlossen werden. Dem Vernehmen nach sieht es danach aus.