Sechsundneunzig Prozent Zustimmung. Die Mitgliederversammlung der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) hat sich am Dienstag fast geschlossen hinter Martin Richenhagen gestellt. Der frühere Manager ist neuer Präsident des erfolgreichsten deutschen Sportverbandes bei den Olympischen Spielen von Paris.
177 von 188 möglichen Stimmen, bei acht Gegenstimmen, sind ein Zeichen dafür, dass der Verband in der Lage ist, sich im kritischsten Moment am Riemen zu reißen. Das eindeutige Votum kam nach den unruhigen Monaten der Zerrissenheit innerhalb der FN und ihrer Mitgliedsverbände durchaus überraschend.
96 Prozent Zustimmung sind auch ein Auftrag
Von einem Misstrauens- zu einem Vertrauensklima zurückkehren, sich noch stärker wieder Sachthemen widmen, das müsse nun im Mittelpunkt stehen, sagte FN-Vizepräsident Harald Hohmann unmittelbar vor der Abstimmung. Es klang nicht wie ein frommer Wunsch, sondern wie ein Appell an die Delegierten.
96 Prozent Zustimmung sind auch ein Auftrag. Er verspreche, dass er sich Mühe geben werde, sagte Richenhagen, als er die Wahl annahm. Ob in seinem Zwischenzeugnis im Mai ein „stets bemüht“ stehen wird oder ein „mit Bravour bestanden“, hängt davon ab, wie und ob er die vor ihm liegenden Aufgaben meistern wird. Von ihm wird nichts weniger erwartet, als dass er den Reitsport aus den negativen Schlagzeilen sowie den Turniersport und die Pferdezucht aus den negativen Zahlen herausführt – am liebsten innerhalb von sechs Monaten.
Im Mai steht die ordentliche Mitgliederversammlung samt Präsidiumswahl an. „Es müssen jetzt keine großen Reden geschwungen werden, sondern Taten folgen“, sagte Richenhagen denn auch. Einen „strategischen Plan“ wolle er aufstellen und analysieren, wie groß die finanzielle Lücke ist, die es zu schließen gilt. „Intelligente Maßnahmen“ seien notwendig. Dass er in der Lage ist, ein Unternehmen zu führen, hat er als Geschäftsführer des Landtechnik-Konzerns AGCO bewiesen.
Um „intelligente Maßnahmen“ auf den Weg zu bringen, muss er als ehrenamtlicher Präsident allerdings nicht nur das Präsidium und andere Gremien hinter sich versammeln, sondern auch das Hauptamt, ohne das in Warendorf nichts vorangeht. Nach den Kündigungen des Generalsekretärs, der Verbandsjustiziarin sowie des Leiters der Abteilung Marketing und Kommunikation muss er ein neues Führungsteam zusammenstellen.
Angekündigt hat Richenhagen bereits, ein externes, ehrenamtliches Beratergremium konsultieren zu wollen, darunter ein PR-Experte und ein Unternehmensberater – das kann auch als Zeichen des Misstrauens gegenüber der Verbandszentrale wahrgenommen werden. Wie sich das verträgt, wird sich zeigen. Ebenso, wie schnell sich Maßnahmen in einem in 17 Landespferdesport- und 25 Zuchtverbänden organisierten Verband umsetzen lassen – denen noch dazu Geld fehlt.
Ein „Sanierungsfall“, wie Richenhagen den Verband einst bezeichnete, sei die FN nicht mehr. Der selbst auferlegte Sparkurs scheint zu fruchten, das bestätigte der am Dienstag ebenfalls neu gewählte Finanzkurator Peter Krause. Auch darüber, wie der Verband wieder auf finanziell stabilere Beine gestellt werden kann, herrscht offenbar Einigkeit. Der Wunsch vieler FN-Vertreter nach Ruhe im Verband scheint sich erfüllt zu haben. Offen bleibt, wie lang dieser Zustand anhält.